
Teil 1: schöner, schlanker
= beliebter?
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„Sind wir denn niiiie schön genug, lalala, ist es denn nie schön genug, lalala“ – diesen Ohrwurm habe ich seit einiger Zeit. Nicht meine Musik, aber das haben Ohrwürmer ja so an sich, sie schleichen sich fies in deinen Kopf und plötzlich hörst du dich Kinderlieder oder Helene Fischer im Supermarkt summen. Oh weh. Naja, dann doch lieber das Lied von Lina Maly. Denn ihr Song „Schön genug“ sagt eigentlich alles aus, was ich mich zumindest oft frage. Sind wir nie gut genug? Nicht schön genug, nicht wichtig oder schlank genug?
Jeder macht sich kaputt, zum Beispiel dafür, dass man den schönsten Garten hat, so dass die Redakteure von Schöner Wohnen jederzeit Fotos machen könnten. Ist es denn nicht auch wunderbar, der Natur ihren Lauf zu lassen? Gartenarbeit ist so schön, aber nicht bei einem mit Zollstock durchgestylten Garten, dann ist es nur noch stressig. Gleiches gilt im Haus – Hochglanzmagazin Niveau. Irgendwann sind wir alle nur noch fertig. Abends fällt man ins Bett und am nächsten Tag geht der Wahnsinn von vorne los. Hinzu kommt die Arbeit am eigenen Körper. Natürlich ist es gesünder, einen gewissen BMI zu haben, keine Frage. Aber die perfekten Proportionen zu haben oder auch etwas weniger zu wiegen als die hübsche Nachbarin oder ein größeren Sixpack zu haben als der Kollege … alles artet in einen Wettkampf aus. Und das Schlimme: Man macht mit! Diesen Wahnsinn. Warum? Weil wir nicht stark genug sind uns dem zu entziehen. Der Mensch ist ein Rudeltier und möchte dazugehören, im besten Fall natürlich nach „oben“ orientiert.
Phoenix aus der Asche
Ich gestehe, ich entspreche nicht dem typischen Schönheitsideal. Und ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass ich nicht ernstgenommen, vielleicht übersehen werde. Das habe ich in Teenie Zeiten gemerkt und auch jetzt werde ich absurderweise übersehen und wenn nicht, dann kommt von den „Wichtigen“, wer immer das eigentlich ist, gerade mal ein gequetschtes Hallo. Doch ich sage euch: Manchmal ist es nicht so schlecht, unter dem Radar zu fliegen. Denn dann kann man erstrahlen wie der Phoenix aus der Asche! Beispiel: Ich war als Teenager schwer verliebt – dieser Junge hat mich einfach fasziniert. Jeder mochte ihn und er war total nett und freundlich – zu allen anderen. Er mochte meine Freundin und das war wirklich hart. Dann bin ich in die Stadt gezogen, studieren. In dieser Zeit fühlte ich mich super wohl, man wurde so angenommen wie man war und keiner hatte Vorurteile. Ich war kaum noch in meinem Heimatort und habe viel abgenommen. Als ich dann mal wieder auf eine Party kam, passierte etwas Wunderliches: Alle starrten mich an. Meine vermeintlich große Liebe hatte plötzlich Interesse und lächelte mir zu, andere Informierten sich bei meinen Freunden über mich und Frauen schauten mich anerkennend an. Zugegeben, es war ein schönes Gefühl. Aber ihr kennt mich und wisst, dass ein so besonderer Abend nicht ganz glatt für Romy enden kann. Denn wie immer trank ich den ganzen Abend meine Whiskey Cola. Leider vergaß ich, dass ich mit einigen Kilos weniger auch nicht so viel Alkohol vertrage. Naja, was soll ich sagen: Ich musste mich mitten im Eingang übergeben. Also so eine ganz neue Version meiner Selbst war ich dann wohl doch nicht.
Traurige These mit kleiner Hoffnung
Es schleicht sich immer mehr die Frage ein, ob die Gesellschaft, gerade auf dem Lande, sehr oberflächlich ist. Oder nicht? Ich bin in meinem inneren Kern ein positiver Mensch und glaube erstmal an das Gute im Menschen. Ist also die These vielleicht falsch? Da ich auf Grund eines Schicksalsschlags meine Disziplin verlor, nahm ich wieder zu. Ein bisschen, ein bisschen mehr. Ich fragte mich, wenn ich am Ende des Lebens vor genau derselben Tür stehen würde, wie alle, ob dick oder dünn, jung oder alt – warum soll ich mich da noch bemühen. Doch eine praktische Sache hat die Gewichtszunahme ja: Ich habe jetzt die beste Voraussetzung diese These in einem Selbstversuch zu widerlegen, oder auch nicht.
Warum? Neugier siegt!
Und zufällig wohne ich nun auch wieder in meinem Heimatort mitten auf dem Land. Aber super, machen wir also den Test in der gleichen Region mit den gleichen Menschen, die das letzte Mal durchgefallen sind. Meine jetzige Feststellung: Wenn du schon nicht wichtig oder außergewöhnlich oder schon in den „beliebteren“ Kreisen verkehrst, dann hast du aber mit einer super Figur und einem gestylten Aussehen gute Chancen in die Kreise der „Coolen und Schönen“ zu kommen, wenn man denn möchte. Ich muss noch dazu sagen, dass es hier erschwerte Bedingungen gibt. Wie ich von meinem Mann und anderen von außerhalb immer wieder erfahren habe: Es ist hier unglaublich schwer zu bestehen. Hier lebt ein Volk für sich, welches auch gerne unter sich bleibt. Als ich meinen Sohn zum Schwimmkurs gebracht habe, waren dort auch „Menschen dieser oberen Riege“ dabei. Untereinander wurde gesprochen, vielleicht auch ab und zu ein paar Worte mit dem Fußvolk. Doch einige Tage später habe ich einige dieser „Coolen“ in der Fußgängerzone getroffen – selbst ein „Hallo“ war wohl schon zu viel. Und da ist mir die Idee gekommen: Behandeln einen die Menschen wirklich anders, wenn man seinen idealen BMI hat? Ich werde es herausfinden und freue mich, wenn Sie mich auf meinem Weg begleiten! Vielleicht haben Sie Lust, an diesem Experiment teilzunehmen und mich an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen.
Schnapsidee mit Folgen
Ich überlegte mir erst einmal, wie ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen könne. Einmal durch Ernährung. Es muss also eine Beratung her, nur um zu wissen, dass meine jetzige Ernährung nicht gerade optimal ist … nicht, dass ich das nicht schon wüsste. Und jetzt kommt der Knackpunkt: Sport – ein Fremdwort, welches mir schon etwas Angst gemacht hat. Nach etwas Recherche habe ich den perfekten Einstiegssport gefunden: Schwimmen. Na halleluja, echt jetzt? Ausgerechnet? Hier zieht man ja gleich blank! Die Figur, die man nicht haben möchte und die der Grund für das Malheur erst ist, muss man hier gleich zeigen – unverblümt. Kein Make-up, keine Möglichkeit von Restaurationsarbeiten, einfach die nackte Wahrheit. Alles in allem eine echte Mutprobe für mich! Aber gut, der Wille ist da, die Schnapsidee ist geboren, also muss ich nun mit den Folgen leben. Als ich das erste Mal nach fast 20 Jahren wieder in der Sammmelumkleide stand, war ich von meinem Unterfangen nicht mehr so ganz sicher. Doch ich merkte schnell, dass die Sammelumkleide nur das Fegefeuer war, denn die Hölle kam gleich danach: die Gemeinschaftsdusche! Plötzlich kamen mir böse Zweifel. Mein persönlicher Alptraum. Aber gut, erstmal durfte ich ja meinen Badeanzug bzw. bei mir mein Badekleid anlassen. Ja, Badekleid. Es ist schwarz mit Kirschen drauf. Ungewöhnlich, aber besonders. Zumindest bedeckt es einen kleinen Teil der Cellulite. Schnell ins Wasser huschen, dann habe ich den ersten Spießroutenlauf hinter mir. Als ich ins Wasser stieg, war ich positiv überrascht von dem Gefühl einer herzlichen Ganzkörperumarmung – das war doch was! Aber dann gucke ich mich um: Viele ältere Leute und ein durchtrainierter Mann, der eine Bahn nach der anderen zieht. Gut, dass ich im Wasser bin und man nur meinen Kopf sieht. Ich schwimme also los und merke, dass meine verbliebenden Schwimmkünste eher was von einem Bewegungskasper haben. Ok, dann eben etwas Unterhaltung auf meine Kosten, will mal nicht so sein. Etwas übermütig dachte ich, dass meine Tauchkünste ja nicht so schlecht sein könnten – na, was soll ich sagen: Sie sind es. Ich bekam einen solchen Hustenanfall, dass ich kurz Angst hatte, dass der Bademeister mich wie einen Wal aus dem Becken zieht! Hat er nicht – Glück gehabt. Nachdem ich dachte, mein Herz springt mir aus der Brust – und das nicht vor Freude – hielt ich es für besser, die ersten kläglichen Versuche zu beenden. Doch prinzipiell mag ich das Wasser und so stand trotz aller Widrigkeiten nun für mich fest: Schwimmen wird mein Sport. Nächster Schritt: Einen Bademeister nach Tipps und Infos fragen.
Eure Romy
Start
Woche: 1
Körperbild: Ich brauche nicht drum herum reden, wenn ich ein solches Startgewicht habe: Man kann sich vorstellen, dass ausgeprägte Cellulite, Winkeärmchen und Pölsterchen bis zu eher ausgewachsene Polster meinen Körper verschönern. Aber es kann jetzt nur noch besser werden!
Gesellschaftliche Wahrnehmung: Man geht unter und ist nicht Teil eines „beliebten“ Kreises. Es gilt also die Kastengesellschaft zu knacken.